Geschichte

Die Geschichte der Offenbacher Pfeffernüsse
Die süße Spezialität von Weltruf wurde lange Zeit in einem Atemzug mit den Offenbacher Lederwaren genannt. Bis in die 1980er-Jahre kaufte die Hessische Landesregierung die Pfeffernüsse, um sie bei Auslandsbesuchen als hessische Spezialität zu präsentieren.

Über 100 Jahre lang waren sie nur in feinen Hotels und Delikatessengeschäften zu haben. Während der Weltkriege wurden Feldpostpäckchen für Offenbacher Soldaten mit den „Aechten“ bestückt.

Geliebt von Goethe
Fest steht, dass die Pfeffernüsse vom Main ohne Überzug aus Zuckerguss genascht wurden und den Offenbachern zur Weihnachtszeit so heilig wie der Kirchgang waren. Und nicht nur denen. Verbrieft ist, dass bereits Johann Wolfgang von Goethe für die Offenbacher Spezialität schwärmte, die er sich stets nach Weimar schicken ließ. Auch seine beiden Enkel Walther und Wolfgang kamen in den Genuss der Offenbacher Spezialität, die den Buben „an trüben Wintertagen zu sonnenfreundlichen Gesichtern“ verhalfen, wie der Großvater in einem Brief im Jahr 1832 betonte.

Gefürchtet von den Gebrüdern Grimm
Der Frankfurter Volksdichter Friedrich Stoltze soll sogar ein Lied über die Pfeffernüsse verfasst haben. Die Gebrüder Grimm fürchteten die belebende Wirkung des würzigen Gebäcks: „Esse nicht zu viel davon, sie sollen zu sehr erhitzen!“, warnten sie ihre Schwester Charlotte. Kein Wunder: Eine der Gewürzzutaten, Muskatnuss, sagte man einst eine aphrodisierende Wirkung nach; Kardamom galt als so belebend wie Koffein.

In einem Brief an seine Schwester Fanny gesteht der berühmte Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy, einer der bedeutendsten Musiker der Romantik, seine Schwäche für die Pfeffernüsse: „Ich kann das Düsseldorfer Musikfest nicht dirigiren, weil ich mich ausruhen und nach Soden ziehen muss, fahre (zuvor) mit Frau Bernus nach Offenbach, um Pfeffernüsse zu kaufen.“

Wohl gehütetes Geheimrezept
Lange Zeit war das Rezept, das 1753 von Zuckerbäcker Johann Fleischmann ersonnen wurde, eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Stadt. So soll sich der Fleischmann-Sohn Wilhelm zum Ansetzen des Teiges stets in der Backstube eingeschlossen haben. 25 Jahre, nachdem die ersten Pfeffernüsse gebacken wurden, entstand eine große Produktion in der „Fleischmannschen Fabrik“. Im Jahr 1778 zog sie an die Canalstraße, die heute Kaiserstraße heißt. Dort errichtete der Zuckerbäcker ein prachtvolles Wohn- und Produktionsgebäude, das 1905 abgerissen wurde. Das Originalrezept wurde stets an einen ausgewählten Nachfolger übergeben.

Frankfurter Pfeffernussbäcker
Als es in der nächsten Generation keinen männlichen Erben gab, wurde die Fabrik geschlossen. Die Rezeptur erwarb der Offenbacher Konditor Heinrich Kurz, der sein Café jedoch in Frankfurt betrieb. Deshalb mietete der findige Meister eigens einen Raum zur Teigherstellung in Offenbach. Der Konditor Josef Schulte machte seine Lehre bei Kurz und verliebte sich in eine  Angestellte des Cafés. Als Hochzeitsgeschenk bot der Chef seinem Gesellen die Rezeptur zu einem „erschwinglichen Preis“ an. Der griff zu und eröffnete 1911 sein eigenes Café in der Kaiserstraße. Später zog er in die Frankfurter Straße 71 – und mit ihm das Geheimrezept, das später an Schultes Sohn Bernhard überging. Der übergab es im Jahr 1998 an Dieter Karl Rehn, der bei Schulte das Konditorhandwerk erlernt hatte und sich in der Goethestraße 84 niederließ. Rehns Sohn Matthias, ebenfalls Konditormeister, erbte das Rezept, backt aber nur noch für Familie und Freunde.

Im Jahr 2014 wieder entdeckt
So geriet das bissfeste Stück Offenbacher in Vergessenheit. Die Journalistin Susanne Reininger und die Feinkosthändlerin Annette Laier haben den kulinarischen Schatz ihrer Heimatstadt im Jahr 2014 wiederentdeckt und ließen die Tradition der berühmten Offenbacher Pfeffernüsse wieder aufleben. Dazu verwenden sie ein Originalrezept aus der Zeit um 1900, das die beiden in monatelanger Entwicklungsarbeit für das 21. Jahrhundert veredelt haben. Damit schreiben sie auch eine fast vergessene kulinarische Tradition fort. Denn einst hatten viele Offenbacher ein ganz eigenes Familienrezept für „ihre“ Offenbacher Pfeffernüsse, das von Generation zu Generation weitergereicht und nicht jedem verraten wurde.

Mit Fingerspitzengefühl
Auch Susanne Reininger und Annette Laier hüten ihr Rezept, das sie exklusiv mit dem Küchenteam der Werkstätten Hainbachtal im „Frieda“, einem kleinen Café im Herzen der Stadt, am Büsingpark, herstellen. Dort werden die Pfeffernüsse mit viel Fingerspitzengefühl und feinsten Originalzutaten von Hand gefertigt. In Anlehnung an die historische Verpackung aus der Jahrhundertwende entwarf der Offenbacher Designer Peter Reichard dazu eine „Schatzkiste“ für das kulinarisches Aushängeschild der Stadt.